Na, wie geht’s?“ – Warum Smalltalk für manche die Vorhölle ist (und wie du trotzdem nicht wie ein Alien wirkst)
Stell dir vor: Du stehst in der Kaffeeküche, halb wach, halb genervt, voll Kaffee. Kollegin Sabine kommt rein, strahlt dich an und fragt: „Na, wie geht’s?“ Dein Gehirn? Kurzer Systemabsturz. „Wie GEHT’S? Also physisch? Emotional? Spirituell? Hast du vielleicht drei bis fünf Stunden für eine halbwegs ehrliche Antwort, Sabine?“
Glückwunsch. Du hast gerade das Escape Room-Level „Smalltalk“ betreten – auf Hardcore.
Psychologisch gesehen ist Smalltalk nichts weiter als ein soziales Gleitmittel. Niemand erwartet Tiefgang, es geht eher darum, das Gegenüber abzutasten: freundlich, harmlos, unbedrohlich. Für viele funktioniert das super. Für den Rest von uns fühlt sich Smalltalk ungefähr so natürlich an wie ein Bewerbungsgespräch bei den Schwiegereltern – in Unterwäsche.
Woran liegt’s? Nun ja: Wer neurodivergent ist, ein Faible für Tiefgang hat oder einfach keine Kapazitäten für sinnlose Wetteranalysen mitbringt, dem fehlt schlicht das „Warum?“ in der Gleichung. Warum soll ich über Dinge reden, die mir nichts bedeuten, mit Menschen, die mich emotional so abholen wie eine Steuererklärung?
Und das Gehirn? Das liefert keine Hilfe. Denn im sogenannten Default Mode Network, das für soziales Denken zuständig ist, läuft bei Smalltalk eine Art Mini-Katastrophenschutzprogramm: „Sag was Nettes. Lächel richtig. Frag was zurück. Nicht zu ehrlich sein. Bloß nicht starren. Humor! Nein, nicht DER Humor!“
Aber keine Sorge, es gibt Hoffnung – in Form von Strategien, mit denen du Smalltalk überlebst, ohne deine Seele zu verlieren.
1. Lenke das Gespräch dorthin, wo du dich wohlfühlst. Frag nach Lieblingsfilmen, absurden Kindheitsträumen oder was die Person am liebsten abschaffen würde, wenn sie einen Tag lang Diktator*in wäre. Alles ist besser als „Na, Wochenende?“
2. Bereite dir ein paar Sätze vor, die funktionieren. Nein, das ist nicht peinlich, das ist klug. Soziale Skripte helfen deinem Gehirn, im entscheidenden Moment nicht auf Autopilot zu schalten. Vorschläge: „Was hat dich diese Woche echt zum Lachen gebracht?“ oder „Wenn du jetzt nicht hier wärst – wo wärst du lieber?“
3. Akzeptiere, dass du nicht jede Interaktion meistern musst. Du darfst innerlich abschalten. Du darfst Smalltalk doof finden. Und du darfst nach dem dritten belanglosen Satz auch einfach sagen: „Ich find dich nett, aber mir gehen gerade die Wörter aus.“
Fazit? Du bist nicht sozial unfähig. Du hast einfach einen exquisiten Filter. Smalltalk ist kein Persönlichkeitstest – es ist eher wie eine Einweg-Zahnbürste: kurz nützlich, dann weg damit. Und falls du doch mal auf Sabine triffst: Lächle, nicke, und frag sie, ob sie an Aliens glaubt. Danach seid ihr entweder Freunde – oder du hast Ruhe.
🟣 Bleib du. Bleib ehrlich. Bleib faszinierend sozial inkompatibel.
– Zoya

